Selbstliebe vs. Egoismus
Wo liegt der Unterschied?
Selbstliebe und Egoismus werden oft verwechselt. Viele glauben, dass es egoistisch ist, sich selbst an erste Stelle zu setzen oder seine eigenen Bedürfnisse zu respektieren. Doch in Wirklichkeit ist Selbstliebe nichts anderes als gesunde Selbstfürsorge und das Setzen von Grenzen, die dafür sorgen, dass man sich selbst treu bleibt. Das ist ein wichtiger Unterschied: Während Egoismus sich darauf konzentriert, die eigenen Bedürfnisse auf Kosten anderer durchzusetzen, geht es bei Selbstliebe darum, sich selbst so zu behandeln, wie man andere behandeln würde – mit Respekt und Verständnis.
Sich selbst treu bleiben und Grenzen setzen
Ein Beispiel: Jemand fühlt sich nicht gut, hat vielleicht einen anstrengenden Tag hinter sich oder ist emotional ausgelaugt. Freunde laden ihn ein, sich zu treffen, aber er entscheidet sich, abzusagen, weil er spürt, dass er gerade Zeit für sich braucht, um seine Batterien aufzuladen. Ist das egoistisch? Nein. Es ist Selbstfürsorge.
Die Gesellschaft neigt oft dazu, von Menschen zu erwarten, dass sie sich immer „funktionieren“ und sich den Erwartungen anderer anpassen. Doch es ist nicht gesund, seine eigenen Bedürfnisse ständig zu ignorieren, nur um anderen zu gefallen. Wenn jemand vorgibt, es gehe ihm gut, obwohl er sich innerlich erschöpft fühlt, verstellt er sich und raubt sich selbst wertvolle Energie. Es ist nicht egoistisch, ehrlich zu sein und seine Grenzen zu wahren – im Gegenteil, es ist ein Zeichen von emotionaler Reife und Selbstliebe.
Die Erwartungen anderer hinterfragen
Häufig liegt das Problem jedoch nicht bei der Person, die ihre Grenzen setzt, sondern bei den Menschen um sie herum. Wenn Freunde oder Familie nicht akzeptieren können, dass jemand absagt, weil es ihm nicht gut geht, stellt sich die Frage, ob hier nicht eher die Bedürfnisse der anderen im Vordergrund stehen. Es ist nicht egoistisch, wenn jemand sich selbst Raum gibt, um sich zu erholen – vielmehr ist es egoistisch von den anderen, diese Entscheidung nicht zu respektieren und Druck auszuüben.
Die Erwartungen, die Menschen aneinander haben, sind oft tief in Gewohnheiten und sozialen Strukturen verwurzelt. Veränderung, ob bei sich selbst oder bei anderen, macht vielen Menschen Angst, weil sie Gewohnheiten stört und Unsicherheiten auslöst. Wenn jemand beginnt, sich selbst zu lieben und seine Grenzen klar zu kommunizieren, kann das für andere eine Bedrohung darstellen, weil es sie indirekt dazu zwingt, ihre eigenen Muster zu hinterfragen.
Warum Selbstliebe wichtig ist
Sich selbst zu lieben, bedeutet, ehrlich zu sich zu sein. Es heißt, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und entsprechend zu handeln, ohne dabei Schuldgefühle zu empfinden. Das bedeutet nicht, dass man sich komplett von anderen abwendet oder keine Rücksicht mehr nimmt – im Gegenteil. Indem man für sich sorgt, hat man mehr Energie, um auch anderen auf gesunde Weise zu helfen. Wenn man jedoch ständig seine eigenen Grenzen übergeht und seine eigenen Akkus leer lässt, kann man irgendwann auch anderen nichts mehr geben. Das führt oft zu Frustration und Erschöpfung.
Selbstliebe ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem glücklicheren, ausgeglicheneren Leben. Wenn man aufhört, sich zu verstellen und beginnt, authentisch zu leben, verschwendet man weniger Energie darauf, anderen etwas vorzumachen. Stattdessen kann man diese Energie nutzen, um sich selbst und anderen besser zu dienen.
Den eigenen Weg gehen
Wenn Sie spüren, dass Sie diesen Schritt gehen wollen – dass Sie aufhören möchten, sich für andere zu verstellen und Ihre Bedürfnisse zu vernachlässigen – dann gehen Sie diesen Weg. Es mag schwierig sein, weil es oft mit Widerständen von außen verbunden ist, aber es ist der richtige Weg, wenn Sie sich selbst besser kennenlernen und respektieren wollen.
Seien Sie mutig, sie selbst zu sein. Lachen Sie, wenn Ihnen nach Lachen ist. Singen Sie, wenn Sie singen wollen. Und wenn Sie sich nicht gut fühlen und es Ihnen schwerfällt, sich mit anderen zu treffen, dann ist es völlig in Ordnung, das zu sagen und sich die Ruhe zu gönnen, die man braucht. Denn am Ende wird es Ihnen nicht nur gut tun, sondern auch Ihren Beziehungen zugutekommen – weil Sie dann in der Lage sind, aus einem Ort der Fülle und nicht der Erschöpfung heraus zu geben.
Selbstliebe ist der Schlüssel zu einem gesunden, erfüllten Leben. Es ist kein Egoismus – es ist die Grundlage dafür, dass man anderen überhaupt etwas geben kann.